Haushaltsrede 2024 für die Fraktion B90/Die Grünen

Wie üblich bei Verabschiedung des Haushaltes im Kreistag halten die Sprecher*innen der verschiedenen Fraktionen ihre Rede, ehe dieser beschlossen wird. Bei B90/Die Grünen hält sie dieses Jahr Renate Standfest:

Vorweg geht unser Dank an Sie und Ihr Team in der Kämmerei Herr Markthaler, speziell auch für den stets offenen und konstruktiven Dialog mit unserer Fraktion.

Wie auch in den vergangenen Jahren haben Sie, Herr Landrat eine Kreisumlage vorgeschlagen, die für uns, aber vor allem für die Gemeinden untragbar ist. Eine Kreisumlage von 56% oder gar 60%, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können, ist vollkommen utopisch und überfordert die Landkreisgemeinden über jegliches vertretbare Maß hinaus.

Sie wissen selbst, dass auch die Gemeinden wichtige Aufgaben wahrzunehmen haben, welche den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Landkreis zugutekommen. Diesen Aufgaben kann die Stadt Landsberg und können die Gemeinden nicht mehr nachkommen, wenn sie deutlich über die Hälfte ihrer Einnahmen an den Landkreis abdrücken müssen.

Die Kreisumlage ist kein Selbstbedienungsladen für den Landkreis. Der Landkreis hat auch Verantwortung für seine Gemeinden.

Selbstverständlich erkennen wir an, dass nicht nur die Gemeinden, sondern auch der Landkreis aufgrund der Inflation, gestiegener Gehälter im öffentlichen Dienst sowie immer mehr Aufgaben v.a. im sozialen Bereich, höhere Ausgaben zu verzeichnen hat.

Unser Antrag auf Beibehalten des aktuellen Kreisumlagesatzes von 52% wurde mehrheitlich im Kreisausschuss angenommenen. Dieser Wert ist zwar immer noch 2 Prozentpunkte entfernt von einer aus unserer Sicht gerechten Lastenverteilung zwischen Kreis und Gemeinden mit 50%, aber er ist ein Kompromiss, den wir mittragen können. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass der Landkreis aufgrund gestiegener Umlagen trotz gleichbleibendem Kreisumlagesatz ca. 6 Mio € mehr Geld von den Gemeinden bekommt. Und der Tatsache, dass der Stand der vorgetragenen Jahresergebnisse voraussichtlich 80 Mio € beträgt und wir mit einem Anfangsbestand an Finanzmitteln von gut 27 Mio € in das Jahr 2024 starten. Beides vorbehaltlich der Jahresabschlüsse 2022 und 2023, die leider noch nicht vorliegen. Dies entspricht – um mit den Worten meines Fraktionskollegen Alexander Herrmann zu sprechen -einer Inkassomentalität –> der Landkreis sammelt seit vielen Jahren durch zu hohe Kreisumlagen Gelder ein, die im Haushaltsjahr nicht ausgegeben werden und zu immensen Rücklagen und in den vergangenen Jahren auch zu Strafzinsen führten. Den Kommunen dagegen fehlt das Geld für den Bau von Kindergärten und Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten, für die Renovierung ihrer Gemeindewohnungen, für den Straßenunterhalt und für viele weitere Aufgaben…

Dabei können wir sicher prognostizieren, dass auch in diesem Jahr die Verwaltung gar nicht alle Beschlüsse vollziehen kann. Wir werden erneut nicht alle geplanten Investitionen tätigen und auch nicht alle offenen bzw. neuen Stellen besetzten können. Wie in den vergangenen Jahren auch werden wir Ende 2024 mehrere Millionen Euro weniger verbraucht und auch deutlich weniger Kapital von den Banken benötigt haben.

In der letzten Kreisausschusssitzung haben Sie, Herr Landrat, behauptet, dass eine niedrigere Kreisumlage zwangsläufig zu einer höheren Verschuldung des Landkreises führe.

Sie haben ein Szenario der Überschuldung aufgebaut und die fehlenden Einnahmen bei einer gleichbleibenden Kreisumlage im aktuellen Haushaltsentwurf einfach durch eine höhere Verschuldung des Landkreises kompensiert.

Das muss aber nicht sein, denn wir alle können den geringeren Einnahmen auch durch eine Reduktion der Ausgaben begegnen. Und das wird auch bitter notwendig sein, wollen wir nicht, dass die Schulden des Landkreises auf 250 Mio € steigen und dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Landkreises bereits in den nächsten Jahren ernsthaft gefährdet ist.

Wir sehen hier neben dem überbordenden Personalaufbau und manchen freiwilligen Leistungen vor allem Potential beim Neubau des Landratsamts, für den wir – im Gegensatz zum Klinikum oder den Schulen – leider keine Fördergelder oder stattliche Zuschüsse erwarten können.

Und nein, es geht uns nicht darum das neue Landratsamt per se zu verhindern, wie uns von manchen Kollegen der CSU vorgeworfen wird. Vielmehr müssen wir uns hier in diesem Gremium endlich über ernst gemeinte und wirksame Einsparmöglichkeiten unterhalten. Und das werden wir ja – dank des Antrags der SPD – in Kürze im Kreistag hoffentlich auch tun.

Die Rahmenbedingungen für den Neubau des Landratsamtes haben sich seit der Standortanalyse 2017 und dem Architekturwettbewerb 2020 massiv verändert. Die Corona-Pandemie beförderte eine deutliche Ausweitung der Homeoffice-Quote und auch die fortschreitende Digitalisierung samt den Chancen der KI erlaubt uns heute mit weniger Arbeitsplätzen zu planen. Der Ukrainekrieg mit folgender Energiekrise führten auch zur massiven Steigerung der Bau- und Materialkosten, die hohe Inflation und die deutlich gestiegenen Zinsen spüren wir alle. Aus den ursprünglich avisierten 30 Mio € sind inzwischen bereits 100 Mio € geworden. Und man muss kein Prophet sein um vorherzusagen, dass auch das nicht reichen wird. Um die prognostizierte Verschuldung zu begrenzen, müssen wir diese Kosten deutlich reduzieren.

Der geplante imposante Neubau am Penzinger Feld mag architektonisch attraktiv sein, aber wir können uns dieses Aushängeschild „Lechkiesel“ in dieser Form schlicht nicht leisten. Sie Herr Landrat, die Verwaltung und wir als Kreisräte, wir alle sind verpflichtet sparsam und achtsam mit den Steuergeldern umgehen. Noch haben wir den Projektbeschluss nicht gefasst, noch können, ja müssen wir innehalten und eine Kurskorrektur in Richtung eines „bezahlbaren“ Erweiterungsbaus machen. Wir brauchen einen Neubau, der bescheidener ausfällt – im besten Sinne dieses Wortes!

Statt ein weiter so, als ob es kein Morgen gäbe, müssen wir endlich gemeinsam nach Lösungen suchen und Alternativen, die sich ergeben, auch ergebnisoffen diskutieren und bewerten. Herr Landrat, laden Sie zu einer Sondersitzung zum weiteren Vorgehen Landratsamt ein, unsere Fraktion steht für konstruktive Lösungen bereit und bringt auch Vorschläge mit.

Lasst uns miteinander daran arbeiten, dass die Lastenverteilung zischen Landkreis und Gemeinden fair bleibt und dass wir als Landkreis unseren finanziellen Handlungsspielraum auch in Zukunft bewahren können.