Landratsamt zieht Erhöhung der Kreisumlage zurück

Haushaltsberatung für das Jahr 2022 – das Landratsamt zieht seine geplante Erhöhung der Kreisumlage mangels Unterstützung aus den eigenen Reihen zurück.

Wie jedes Mal am Jahresende stehen die Planungen für den kommenden Haushalt an. Diese umfassenden und in Sachfragen sehr detaillierten Zusammenhänge werden, bevor sie im Kreistag zur Abstimmung kommen, in den verschiedenen Ausschüssen in mehreren Sitzungen beraten. Die erste Vorstellung des Haushaltes beginnt in der Finanzausschusssitzung Ende November 2021. Das öffentliche Interesse ist groß, die sonst sporadisch besetzte Besuchergalerie ist deutlich besser gefüllt.

Gleich zu Beginn kündigt die Verwaltung an, die Kreisumlage im nächsten Jahr auf 53% zu erhöhen. Zwingende Gründe hierfür wären die gestiegene Bezirksumlage, die der Landkreis abführen müsse, und die größeren Anforderungen durch die Corona-Pandemie. Des Weiteren könne in der Politik keine Versprechungen gemacht werden, sondern sie müsse immer auf die aktuelle Lage reagieren. Und diese fordere laut Ansicht der Verwaltung offenbar eine Steigerung der Abgaben für die Kommunen. [Anmerkung: Die Kreisumlage setzt fest, wie hoch die Zahlungen der Gemeinden an den Landkreis sind. Diese wird jährlich durch den Kreistag festgelegt. Sie dient mitunter zur Finanzierung des Landkreises, darf aber dabei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden grundsätzlich nicht antasten.] Aus diesem Statement entwickelt sich im Ausschuss eine kurze Diskussion. Stimmen im Plenum, u.a. von Petra Sander aus der Grünen Fraktion, weisen darauf hin, dass die Kommunen ebenfalls Verdienstausfälle wegen der Corona-Pandemie zu vermelden hätten. Der Anstieg der Umlage bedeute eine zusätzliche Belastung und sei nicht nachvollziehbar. Das könne sich im Einzelnen gravierend auf die Haushalte der Kommunen auswirken. Schließlich einigt man sich darauf, zuerst der Präsentation der Verwaltung zu folgen, ehe im Detail über einzelne Posten diskutiert würde.

Es ist die Zeit für Zahlen und Schaubilder, ein Diagramm nach dem anderen wird an die Wand geworfen und erläutert. Mal gehen die Kurven nach oben, mal nach unten. Der ordentliche Haushalt schließt laut Planung mit einem Plus von rund einer Million Euro ab. Im Finanzhaushalt und den Teilhaushalten werden Einzelheiten und Details präsentiert und herausgearbeitet. Bemerkenswert an dieser Stelle ist die Tatsache, dass der Landkreis mittlerweile rund 70 Millionen Euro an Liquidität angehäuft hat, einen großen Teil davon für geplante Projekte, die noch nicht realisiert wurden. Und dafür muss er jährlich Strafzinsen in Höhe von über 250.000 Euro zahlen. Angesichts der Größe der Summe drängt sich hier die Frage auf, wann diese Projekte jemals verwirklicht werden.

Zwei Wochen später, Anfang Dezember, folgt die zweite Sitzung des Finanz- und Kreisausschusses, in der die Haushaltsberatungen fortgesetzt werden. Und gleich zu Beginn wieder Diagramme und Zahlen der Teilhaushalte. Die aufmerksame Zuschauer*in stellt nun allerdings fest, dass inzwischen nicht mehr von einer Kreisumlage von 53% die Rede ist, sondern am diesjährigen Satz von 51% festgehalten wird. Hintergrund ist, dass u.a. die SPD in diesem Punkt aus der „Kooperationsvereinbarung“ mit der Verwaltung ausschert, weil sie die Erhöhung nicht mittragen will. Daher haben sich die entsprechenden Parteien im Vorfeld der Sitzung darauf verständigt, die Kreisumlage auf dem bisherigen Stand zu belassen. Die SPD bringt stattdessen Vorschläge ein, Gelder im Haushalt zu sparen, um einen Teil der dadurch entstehenden Mindereinnahmen zu kompensieren.

Auch an diesem Nachmittag gibt es viele Details zu erläutern und Rückfragen zu beantworten. Ein Antrag, z.B., im Saunabereich des Lechtalbades in Kaufering ein separates Bistro einzurichten, wird abgelehnt – auch an dieser Stelle mehrheitlich der Wunsch, sich nur auf das Nötigste zu beschränken. Weitere Einzelheiten des über 1000-seitigen Haushalts- und Stellenplan werden anschließend abgearbeitet.

Nach etwa dreieinhalb Stunden ist die Besprechung abgeschlossen. Eine letzte Tabelle wird an die Wand geworfen, darauf die finanziellen Eckpunkte der verschiedenen Gemeinden im Landkreis. Sie soll offenbar die These der Verwaltung stützen, dass die Kommunen durchaus in der Lage wären, eine erhöhte Kreisumlage zu stemmen. Den Einwand der Grünen Kreisrätin Renate Standfest, dass auf diesem Schaubild 17 Gemeinden in den roten Zahlen wären, weist die Verwaltung zurück: Die Gesamtsituation sei hier ausschlaggeben, nicht die Momentaufnahme.

Als es dann zum Empfehlungsbeschluss für den Kreistag ging, mutete der Szene etwas Skurriles an. Die Vorlage wird an die Wand projiziert, aber die Stelle vor der Prozentangabe der Kreisumlage ist leer gelassen. Ganz nach dem Motto: „Was sollen wir hier nun reinschreiben?“ Als ob die anwesenden Kreisrät*innen durch die Präsentation der letzten dreieinhalb Stunden geläutert und von allen Zweifeln befreit worden wären und nun doch einer Erhöhung zustimmen. Ob es diese Vorlage aus Versehen an die Wand geschafft hat oder aus vollem Ernst, erschließt sich der aufmerksamen Zuschauer*in an dieser Stelle allerdings nicht. Sie wird jedoch schnell ausgetauscht und durch eine mit den im Vorfeld vereinbarten 51% ersetzt.

Somit beschließt der Finanz- und Kreisausschuss mehrheitlich dem Kreistag zu empfehlen, die Kreisumlage für das Jahr 2022 auf 51% festzulegen und den Haushalt zu genehmigen.

Kommentar: Auf der einen Seite gibt es eine übergroße Summe an Liquidität, die der Landkreis angehäuft hat und für die er auch noch erhebliche Strafzinsen zahlen muss, und auf der anderen Seite werden Projekte wie etwa ein Ausbau des Saunabereichs im Lechtalbad nicht realisiert oder Sanierungsaufgaben in die Zukunft verschoben.

Die Grüne Fraktion weist schon seit Jahren auf diese wachsende Diskrepanz hin – immer mehr Mittel für Investitionen werden bereitgestellt, jedoch kaum abgerufen, da die Zeitplanung prinzipiell viel zu optimistisch angesetzt wird. Hinzukommt, dass wichtige Aufgaben liegen bleiben, wie etwa die Haushaltsabschlüsse für die Jahre 2019 und 2020. Diese Umstände zeugen nicht von einer zielführenden Haushaltspolitik.

Der Vorstoß der Verwaltung, die Kreisumlage trotz der immensen Rücklagen um weitere zwei Punkte zu erhöhen, scheiterte letztlich daran, dass erstmalig nicht nur die Grünen diese Form des „Haushaltens“ ablehnten, sondern auch die SPD, die Freien Wähler und die UBV, und in diesem Punkt aus ihrer „Kooperationsvereibarung“ mit dem Landrat ausscherten. Auch das deutet darauf hin, dass das Landratsamt in Sachen Finanzpolitik den Bogen deutlich überspannt hat.

Es bleibt zu hoffen, dass die Haushaltsberatungen, in der diese deutlichen Mängel nochmals klar sichtbar wurden, ein Weckruf für die entsprechenden politischen Kräfte im Kreistag sind. Denn am Ende ist alleine entscheidend, was für die Bürger*innen dieses Landkreises dabei herauskommt.